Über die Abhängigkeit

Wir alle hängen voneinander in verschiedenster Hinsicht ab, oder nicht? Wir hängen vom Metzger ab, vom Bäcker, vom Wasserwerk, dem Stromlieferant …
Gegenseitige Abhängigkeit. Nach diesem Schema schaffen wir eine Gesellschaft und weisen verschiedenen Menschen verschiedenen Funktionen zu – zum Wohle aller, damit wir besser funktionieren und effizienter leben -, das hoffen wir zumindest. Aber voneinander psychologisch abhängig zu sein – voneinander gefühlsmäßig abzuhängen – was bedeutet das eigentlich? Es bedeutet, von einem anderen Menschen in punkto Glück abzuhängen.
Denken Sie einmal darüber nach. Denn wenn Sie das tun, wird das nächste, was Sie tun werden, sein – ob Sie sich dessen bewusst sind oder nicht – zu verlangen, dass andere Leute zu Ihrem Glück beitragen. Dann wird der nächste Schritt folgen: Angst – Angst vor Verlust, vor Entfremdung, vor Zurückweisung, gegenseitiger Kontrolle. Vollkommene Liebe vertreibt Angst. Wo Liebe ist, gibt es keine Ansprüche, keine Erwartungen, keine Abhängigkeit. Ich verlange nicht, dass du mich glücklich machst; mein Glück ist nicht in dir begründet. Wenn du mich verlassen würdest, würde ich mich nicht bedauern; ich genieße deine Gesellschaft über alle Maßen, aber ich klammere mich nicht an.
Ich genieße sie, ohne mich festzuklammern. Ws ich eigentliche genieße, bist nicht du, es ist etwas, das größer ist als wir beide. Es ist etwas, das ich entdeckt habe, eine Art Sinfonie, eine art Orchester, das in deiner Gegenwart eine Melodie spielt. Doch wenn du gehst, hört das Orchester nicht auf zu spielen. Begegne ich jemand anderem, spielt es eine andere Melodie, die auch wunderbar ist. Und bin ich alleine, spielt es weiter. Es hat ein großes Repertoire und hört nie auf zu spielen.
Darum also geht es eigentlich beim Wachwerden. Das ist auch der Grund, weshalb wir hypnotisiert und manipuliert sind und schlafen.
Es muss schrecklich sein, gefragt zu werden: „Ist das wirklich Liebe, wenn du dich an mich klammerst und mich nicht gehen lassen willst? Mich nicht sein lassen willst, was ich bin?“ Kann man sagen, dass Sie einen Menschen lieben, wenn Sie ihn psychologisch oder gefühlsmäßig zu Ihrem Glück brauchen? Das steht in offenem Widerspruch zu den universalen Lehren aller Schriften, aller Religionen und Mystiker.
„Wie kommt es nur, dass uns das all die Jahre entgangen ist?“, frage ich mich selbst immer wieder. „Wie kommt es nur, dass ich das nicht bemerkt habe?“ Stößt man auf diese radikalen Stellen in der Bibel, fragt man sich bald: Ist dieser Mann denn verrückt? Aber es dauert nicht lange, bis man findet, dass alle anderen verrückt sein müssen. „Wenn jemand zu mir kommt und nicht Vater und Mutter, Frau und Kinder, Brüder und Schwestern gering achtet, …wenn er nicht auf seinen ganzen Besitz verzichtet, kann er nicht mein Jünger sein“ (Lk 14,26.33).
Man muss alles loslassen. Es ist wohlgemerkt kein physischer Verzicht, das wäre ja einfach. Wenn Ihre Illusionen schwinden, kommen Sie schließlich zur Wirklichkeit; und Sie können mir glauben: Sie werden nie mehr einsam sein, nie mehr. Einsamkeit lässt sich nicht durch menschliche Gesellschaft beseitigen. Einsamkeit wird durch die Nähe zur Wirklichkeit aufgehoben. Dazu ließe sich noch viel sagen. Nähe zur Wirklichkeit, Illusionen aufgeben, zum Wirklichen kommen. Was auch immer es sei, es hat keinen Namen. Wir können es nur dadurch erfahren, dass wir vom Unwirklichen lassen. Man kann nur wissen, was Alleinsein ist, wenn man sein Anklammern und seine Abhängigkeiten aufgibt.
Doch der erste Schritt dazu besteht darin, dass man das als erstrebenswert anerkennt. Wenn man etwas nicht als erstrebenswert erachtet, wie sollt man es dann erreichen können?
Denken Sie über Ihre eigene Einsamkeit nach. Könnte Sie menschliche Gesellschaft von ihr befreien? Sie würde Ihnen nur Zerstreuung bringen. Innerlich bleiben Sie leer, oder nicht? Und wenn die Leere aufbricht, was tun Sie dann? Sie laufen weg, schalten den Fernseher ein, das Radio, Sie lesen ein Buch, suchen menschliche Gesellschaft, Unterhaltung, Zerstreuung. Alle tun das. Davon lebt heutzutage ein ganzer Markt, eine organisierte Industrie, die uns zerstreut und unterhält.

Über tukan

Wir ändern uns nicht durch Änderung unseres Verhalten, dies wäre wie Kleidung wechseln oder Möbelrücken. Veränderung braucht weder Anstrengung noch Gewalt. Solange wir von Lob und Wertschätzung abhängig sind, werden wir Menschen danach beurteilen, ob sie unsere Abhängigkeiten gefährden oder fördern. Die Wurzel allen Kummers ist das Verlangen. Verlangen trübt und zerstört die Wahrnehmung. Ängste und Wünsche verfolgen uns. einfach sein, leben und leben lassen, sich selbst beobachten ohne zu bewerten, achtsam und bewusst, lebendig und glücklich sein.
Dieser Beitrag wurde unter glücklich sein, leben, loslassen abgelegt und mit , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Hinterlasse einen Kommentar