Ist Treue in Beziehungen sinnvoll oder hilfreich?

Vermutlich hat jeder seine eigene Meinung und Haltung dazu. Ich möchte mit meinen Vorstellungen und Gedanken dazu anregen dir selbst klar zu werden was Treue für dich bedeutet.
Was bedeutet für dich ein Treueversprechen. Gibt man es jemand Anderem oder insbesondere sich selbst. Ist ein Treueversprechen etwas wert, wenn ich mir selbst nicht treu sein will oder kann. Kann gelebte Treue zu Enttäuschung führen. Wozu brauche ich ein Treueversprechen. Hat es irgendeinen Nutzen oder Sinn.

Treue zu erwarten oder zu verlangen halte ich für kontraproduktiv.
Wenn wir uns zu Versprechungen drängen lassen oder verpflichtet fühlen treu zu sein, hängen wir unserer Beziehung und uns selbst schon zu Beginn Felsklötze an den Hals. Um wachsen und sich entwickeln zu können ist Freiwilligkeit und eine freie Entscheidung unabdingbar.

Abhängigkeit von Liebe und Nähe, in Beziehungen oder anderen Menschen existiert nicht wirklich.
Es sind unsere Vorstellungen und daraus entwickelte Ängste die uns Abhängigkeit empfinden lassen, oder vorgaukeln uns in Sicherheit und Geborgenheit zu befinden. Wir selbst, allein wir selbst halten uns gefangen oder entscheiden uns sicher oder geborgen zu fühlen. Allein meine Interpretation und Bewertung, meine Angst und meine Reaktion sind für meine Haltung und Glaubenssätze verantwortlich. Wenn ich leide geschieht dies durch mich selbst, durch meine Gedanken und meine Vorstellung und nicht wegen oder durch einen anderen Menschen.

Treue anderen Menschen gegenüber ist eher kontraproduktiv als hilfreich. Wir ziehen uns damit ein Korsett an, das unsere Bedürfnisse, Triebe und Sehnsüchte nicht in Zaum halten kann. Schuldgefühle und ein schlechtes Gewissen stressen uns vielleicht schon allein durch Gedanken und Vorstellungen die in uns entstehen.

Treue mir selbst gegenüber halte ich dagegen für unabdingbar um ein zufriedenes und liebevolles Leben zu führen. Doch auch diese Treue sollte keine Verpflichtung, sondern in völliger Freiwilligkeit entstehen. Weil wir erkennen und somit begriffen haben, dass wir nur dann zufrieden und glücklich sein können, wenn wir uns offen und ehrlich selbst begegnen oder uns selbst in die Augen schauen.
Bin ich mir selbst treu, kann ich mir niemals etwas vormachen oder mich wissentlich und mit Absicht belügen. Zugleich bin ich achtsam und mitfühlend mit mir selbst und zu anderen Menschen.
Es gibt da keinen Unterschied zu mehr oder weniger engen Beziehungen. Für mich ist dies eine Lebenshaltung.

Zuletzt ist alles was wir an weisen, schönen und gefälligen Texten lesen und auch was ich schreibe, einfach nur Theorie und vielleicht für den einen oder anderen Wunschdenken. In der Praxis sind vielfältige Komponenten im Spiel.

Wenn ich wirklich fähig bin zur Liebe, brauche ich kein Treueversprechen, ich habe die Bereitschaft mich allen Widrigkeiten zu stellen. Ich weiß, dass niemals die Schuld eines Anderen und auch nicht von mir selbst, der Grund meines Elends ist. Ich kann weder dichtmachen noch mich zurückziehen oder an Trennung denken. So wenig wie wir uns von uns selbst nicht trennen können. Wir können nur unangenehme Dinge verdrängen. Unsere Art und Weise mit Schwierigkeiten und Problemen umzugehen holt uns immer wieder ein. Es sei denn wir sind wirklich bereit zur Veränderung. Weil wir es satt haben elend zu leiden.

Wenn wir uns auf eine intensive Beziehung einlassen, tun wir dies nicht allein um die Vorzüge und schönen Seiten des Anderen zu genießen. Wir wissen um die Wesenszüge des Anderen. Wir kennen und wissen auch um die weniger schönen Seiten und Verhaltensweisen und Schwierigkeiten des Anderen. Wir sind bereit zu lernen und Verständnis zu entwickeln, wohlwissend dass dies nur gelingt wenn wir gegenseitig füreinander da sind, ohne aufzurechnen oder etwas dafür zu erhalten. Wir fordern nicht die Befriedigung unserer Bedürfnisse ein, sondern genießen und freuen uns über gemeinsame Lernprozesse, Entwicklung und Wachstum.

Vorhandene unterschiedliche oder gleiche Verletzungen zweier Menschen führen in der Kommunikation und im Umgang miteinander zu stressigen und unangenehmen Gefühlen. Was wir als anstrengend empfinden ist nicht durch den anderen Menschen entstanden sondern durch unsere Wahrnehmung und Interpretation. Fühlen wir uns zur gleichen Zeit wie unser Gegenüber in unserem Gefühl gefangen, kann dies richtig anstrengend werden.

Doch gerade dann zeigt sich wie ernst es uns ist, ehrlich zu uns selbst und unseren Beziehungen gegenüber zu sein. Unsere Fähigkeit und Bereitschaft zur Selbstwahrnehmung und Selbstreflexion entscheidet ob uns dies mehr oder weniger gelingt und nicht unser Beziehungsverhalten. Unser Verhalten ist nur die Folge dessen was in uns an Vorstellungen und Gedanken entstehen und zu Gefühlen führen, egal ob schön oder weniger schön, egal ob sie uns gefallen oder wir sie möglichst schnell loshaben wollen.

Letztlich können wir nur immer wieder vor uns selbst davonlaufen, vor unseren eigenen Unzulänglichkeiten und unseren eigenen unangenehmen Gefühlen. Selbst wenn wir der Meinung sind das Verhalten und die Gefühle des anderen Menschen sind Schuld, ist das was uns triggert, immer unsere eigene Wahrnehmung, unsere Interpretation und unser Umgang damit.

Haben wir dies erkannt, werden wir achtsam auf Knoten achten die durch unser Verhalten oder die Wahrnehmung unseres Verhaltens in unserer Beziehung entstehen. Unsere Wahrnehmung, Interpretation und Bewertung spielt hier eine große Rolle. Nicht die Wirklichkeit sondern unsere Gedanken erschaffen hier Grenzen und Hindernisse oder sehen alles in einem rosarotem Licht.

Das einzige Hindernis das existiert ist unsere Kommunikation und unser Verständnis. Durch wachsende Achtsamkeit und unsere Liebe lassen sich Missverständnisse und fehlendes Verständnis auflösen.

Wenn wir tatsächlich die Bereitschaft haben uns selbst zu verändern, lernen und wachsen zu wollen, beginnt Veränderung.

Wir haben erkannt und begriffen, dass Zufriedenheit, Glück und Liebe nichts ist, was wir von jemand anderen erhalten können. Durch zunehmendes Mitgefühl mit uns selbst und Achtsamkeit können und werden wir in uns selbst finden und entdecken was jeder von uns so sehnsüchtig wünscht. So sind wir dazu in der Lage nicht mehr Aussagen oder Versprechungen als die Wirklichkeit annehmen zu wollen und zu müssen. Wir sehen nicht nur das Wesen anderer Menschen, wir sehen und fühlen ihre Zufriedenheit, ihre Liebe und ihr Glück.

Über tukan

Wir ändern uns nicht durch Änderung unseres Verhalten, dies wäre wie Kleidung wechseln oder Möbelrücken. Veränderung braucht weder Anstrengung noch Gewalt. Solange wir von Lob und Wertschätzung abhängig sind, werden wir Menschen danach beurteilen, ob sie unsere Abhängigkeiten gefährden oder fördern. Die Wurzel allen Kummers ist das Verlangen. Verlangen trübt und zerstört die Wahrnehmung. Ängste und Wünsche verfolgen uns. einfach sein, leben und leben lassen, sich selbst beobachten ohne zu bewerten, achtsam und bewusst, lebendig und glücklich sein.
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